Johann Wolfgang von Goethe war fasziniert vom theoretischen und wirkungsästhetischen Aspekt der Musik und überzeugt davon, dass ein Lied durch jede Komposition erst vollständig werde. Um Musik wirklich beurteilen zu können, fehlte ihm jedoch die Expertise, sodass er sich Berater suchte. Außerdem war ihm an der musikalischen Umsetzung seiner Lyrik und damit an einer fruchtbaren Zusammenarbeit mit einer geeigneten Musikerpersönlichkeit gelegen. Diese Funktion erfüllte zunächst der Berliner Hofkapellmeisters Johann Friedrich Reichardt bis sich die beider Wege aus politischen Gründen in den späten 1790er Jahren trennten.
1799 nahm der Berliner Maurer und Komponist Carl Friedrich Zelter brieflichen Kontakt zu Goethe auf und schickte ihm einige seiner Vertonungen. Der Dichter war bereits mit Zelters Vertonungen einiger Gedichte Schillers bekannt, die 1797 und 1798 in dessen "Musen Almanach" veröffentlicht worden waren. Goethe schätzte das "originale" an Zelters Vertonungen, die radicale Reproduktion der poetischen Intension, bei der die musikalische Komposition eine dienende Funktion gegenüber dem Gedicht einnimmt und – statt ein neues Kunstwerk zu schaffen – die Stimmung der Dichtung durch die Musik hörbar macht.
1802 kam es zur ersten Begegnung zwischen Goethe und Zelter in Weimar, wo sich auch Schiller zu ihnen gesellte, der ebenso begeistert war von Zelters Vertonungen.
Der Austausch zwischen Goethe und Zelter ging in eine tiefe Freundschaft über, die bis an das zeitnahe Lebensende beider durch intensiven Austausch in zahlreichen Briefen und persönlichen Begegnungen fortgesetzt wurde. Zwei Persönlichkeiten hatten sich gefunden, die aus Einem Sinn zu handeln geneigt waren. Goethe resümierte: Wer muss sich besser kennen als Dichter und Musiker, da dieser jenem verleihen kann was er sich selbst zu geben nicht vermag: das Gedicht auf der Höhe für immer zu fixieren, wo es der Enthusiasmus, und selbst der gefühlteste, nur auf Augenblicke hinzutragen vermag.
Dieses Programm soll einen Einblick in die Musikästhetik der Goethe-Zeit vermitteln und speziell das Ideal der Dichter-Musiker-Symbiose, wie sie sich bei Goethe und Zelter eingestellt hat, darstellen. Dabei soll dem Klischee vom schlichten und an Ausdruckskraft limitierten Strophenlied der Komponisten Reichardt und Zelter begegnet werden, deren tonmalerischer Reichtum keineswegs nur in den durchkomponierten Liedern hörbar wird. Es soll außerdem zum Hören und Vergleichen einiger Parallelvertonungen eingeladen.
I. Die Rastlose Liebe der Sänger der Vorwelt - Goethe und Schiller in den Vertonungen von Zelter und Reichardt (65 min)
II. Kurzprogramm von Variante I (30 min)
III. Erweiterung des Kurzprogramm durch Ausblicke zu den Goethe-Vertonungen Schuberts und Mendelssohn Bartholdys (65 min)
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